Kanae Minatos Roman „Geständnisse“ wurde außerhalb Japans zunächst durch seine gleichnamige Verfilmung bekannt. Tetsuya Nakashimas Adaption zählt bis heute zu den zehn erfolgreichsten japanischen Filmen überhaupt. Nun ist auch der Roman auf Deutsch erschienen. Um es kurz zu machen: Man sollte alles stehen und liegen lassen, bevor man mit dem Lesen beginnt. Denn Minatos Thriller lässt einen nicht mehr los.
Es geht um ein grauenvolles Verbrechen an einer japanischen Schule. Die Tochter der Lehrerin Yuko Moriguchi wurde tot im Schwimmbecken der Schule gefunden. Zunächst wird der Tod Manamis von der Polizei als Unfall beurteilt. Doch das Blatt wendet sich, als die Lehrerin am letzten Schultag vor den Sommerferien ihrer Klasse erzählt, dass sie die Täter kennt. Und sie erwähnt auch, welche Form der Rache sie sich deswegen ausgedacht hat. Dadurch löst sie eine Kette von Ereignissen aus, die ganze Familien zerstört.
Man kann zu Kanae Minatos Debütroman nur eines sagen: Wow! „Geständnisse“ ist ein Thriller, der einen regelrecht umhaut. Es ist ein gesellschaftskritischer Rundumschlag, den die mehrfach ausgezeichnete Autorin dem Leser präsentiert. Zwar geht es ihr im Kern um das japanische Schulsystem, doch zeichnet sie dabei zugleich ein gesamtgesellschaftliches Bild Japans, das geprägt ist von zunehmender Kriminalität, moralischem Verfall und Egoismus.
Da das Rechtssystem unfähig ist, manche Täter zu bestrafen, lässt dies Yuko Moriguchi keine andere Möglichkeit mehr, als die Rache selbst in die Hand zu nehmen. Dabei geht sie dermaßen ausgeklügelt vor, dass man schon von einer erschreckenden Genialität sprechen muss. „Geständnisse“ ist jedoch alles andere als eine gewöhnliche Rachestory. Denn die ganze Geschichte setzt sich nach und nach wie ein Puzzle zusammen.
Daraus ergibt sich ein extrem packender Roman, der nicht nur überaus spannend, sondern gleichzeitig von einer komplexen Tiefgründigkeit geprägt ist. Als Pate stand anscheinend Dostojewskis „Schuld und Sühne“, dessen Kernthematik Kanae Minato in ihren Roman verarbeitet hat. „Geständnisse“ ist nicht nur ein Sollte-man-lesen, sondern ein Muss-man-lesen. Hoffentlich werden die anderen Romane der Autorin ebenfalls ins Deutsche übersetzt. „Geständnisse“ ist jedenfalls ein unglaublich gutes Buch.
Kanae Minato. Geständnisse. C.Bertelsmann 2017, 270 Seiten, 16,99 Euro, ISBN: 978-3-570-10290-9