Es gibt unterschiedliche Herangehensweisen, um Filme zu analysieren. Eine davon ist die psychoanalythische Untersuchung. In dieser Hinsicht werden Filme wie Träume analysiert und mithilfe von Freuds Methode symbolisch abgeklopft.
Vor ein paar Jahren erschien der Sammelband „The Dread of Difference“, der sich mit der Rolle der Frau in Horrorfilmen auseinandersetzt. Unter anderem ist darin ein Artikel der Kulturwissenschaftlerin Barbara Creed enthalten, die darin versucht, eine psychoanalythische Gender-Forschung auf den Film anzuwenden.
Nun, der Versuch kann durchaus als Fehlschlag beurteilt werden. Der Artikel wirkt beinahe schon paranoid. Es gibt kaum einen Satz, in dem nicht die Begriffe Phallus oder bezahnte Vagina vorkommen. Hinzu kommen Kastrationsängste und die Abwendung von der eigenen Mutter.
All dies, behauptet Creed, fände man in dem Film „Alien“. Nun gut, die Sexualsymbolik des Aliens sowie des außerirdischen Raumschiffs sind nicht zu übersehen. Und dass eine Frau dem Monster entkommt, nimmt quasi den Aspekt des Final Girl vorweg. Aber was hat das nun wieder mit der Abwendung von der Mutter zu tun? Genau: nichts. Dennoch beißt sich Creed daran fest und sucht nach allen nur möglichen und unmöglichen Gründen, um ihre Behauptung als richtig hinzustellen, frei nach dem Motto: Nur ich habe Recht.
Creed gerät in ihrem Artikel geradezu außer sich. Man glaubt, eine Hardcore-Vertreterin der Gender-Studies haue auf die Tasten ihres Laptops. Dabei geht sie soweit, völlig falsche Informationen in ihren Text einzubauen. So verwechselt sie ständig Hitchcocks „Vögel“ mit „Psycho“ und reitet darauf herum, dass die Abwendung von der Mutter im Zentrum des erstgenannten Filmes stehen würde. Tut es dummerweise aber nicht. Das Thema Mutter-Sohn-Beziehung spielt zwar in „Die Vögel“ eine gewisse Rolle, steht aber nicht im Vordergrund wie in dem anderen Klassiker.
Nichtzuletzt setzt sie noch eins drauf, indem sie „Blade Runner“ als Horrorfilm bezeichnet. Spätestens hier sollten bei sämtlichen Lesern die Alarmglocken schrillen.
In dem Buch „Korean Horror Cinema“ behaupten die beiden Herausgeber Alison Peirse und Daniel Martin, dass es sich bei dem koreanischen Film „Howling“ um einen Werwolffilm handelt. Das tut es aber nicht. Zwar ist der Titel identisch mit dem Werwolfklassiker „The Howling“, doch hat es sich damit auch schon. In der Tat handelt es sich um einen Thriller im Stil der Trashfilme der 70er Jahre.
Mitsuyo Wada-Marciano behauptet in ihrem Artikel über J-Horror (erschienen in dem Sammelband „Horror of the Extreme“), dass die modernen japanischen Horrorfilme nichts mit Emanzipation zu tun haben würden. Hier liegt sie leider vollkommen falsch. Denn J-Horrorfilme gelten quasi als Sprachrohr der Emanzipationsbewegung der 90er Jahre und des Beginns des neuen Jahrtausends. Die Themen dieser Filme handeln von den Problemen, vor denen Frauen in Japan stehen, die versuchen, ihr eigenes Leben zu leben.
James Kendrick ist in seinem Artikel „Return of the Graveyard“ (erschienen in dem Sammelband „American Horror Film“) der Meinung, dass das verstärkte Aufkommen der Geisterfilme Ende der 90er Jahre etwas mit den Gothic Novels des 18. Jahrhunderts zu tun habe. Nur was? Genau diese Antwort bleibt der gute Mann uns schuldig. Er verweist nicht einmal auf Interviews mit Regisseuren oder Autoren, die seine Theorie belegen könnten. Nichts. Der Artikel ist bloßes Gerede, ohne die einzelnen Thesen zu untermauern.
Schon allein an diesen Beispielen zeigt sich, dass kultur- und medienwissenschaftliche Filmanalyse teilweise voller Fehler steckt. In einem anderen Artikel haben wir auf eine hanebüchene Statistik von Horrorfilmen hingewiesen, die im Grunde genommen keine brauchbaren Ergebnisse liefert. Interessanterweise häufen sich die Fehler und falschen Angaben bei Texten, die von Kultur- und Medienwissenschaftlern verfasst wurden. Und es ist erschreckend, dass diese falschen Angaben von den jeweiligen wissenschaftlichen Kollegen anscheinend nicht bemerkt werden. Hier werden keine Erkenntnisse offenbart, sondern Fehler auf Fehler gehäuft, was dazu führt, dass sich die jeweiligen Autoren ihre eigene Wahrheit zusammenschustern und die Leser, die sich in der Thematik nicht auskennen, falsch informieren.
(Der Beitrag erschien schon einmal auf dem Blog. Er dient nun als Auftakt zu unserer neuen Reihe über Filmtheorie)