FuBs Jukebox: „Shock“ – Gruseljazz vom Creed Taylor Orchestra

1958 begann die Ära des Exotic-Jazz, angeführt von den Kompositionen Martin Dennys. Der Erfolg dieser Mischung aus Musik und Soundeffekten führte zu einer Vielzahl weiterer Schallplatten, die sich in diesem neuen Genre versuchten. Darunter gehört „Shock“ des Creed Taylor Orchestras.

Creed Taylor war Jazz- und Filmkomponist, genauso wie sein Freund Ken Hopkins. Beide kamen eines Tages auf die Idee, Jazz mit unheimlichen Soundeffekten zu würzen. Die Idee von „Shock“ war damit geboren. Was beide noch benötigten, war jemanden, der diese Effekte schuf. Dieser Jemand war Keene Crockett, der ebenfalls für den Film tätig war. Zwei Schauspielerinnen (Toni Darney und Gertrude Warner, die beide vor allem in TV-Serien auftraten) wurden ebenfalls engagiert – und schon konnte es losgehen.

Auf „Shock“ befinden sich 12 Stücke, die jeweils bestimmte unheimliche, bedrohliche oder mysteriöse Situationen musikalisch – und untermalt mit Stimmen und Geräuschen – beschreiben. Da ist z.B. gleich am Anfang „Heartbeat“, in dem ein Mann auf dem Bett liegt, während sich jemand seinem Zimmer nähert. Währenddessen beginnt sein Herz schneller zu schlagen und sein Atem schneller zu gehen.

In dem Stück „The Crank“ ruft ein Psychopath ständig eine Frau an. Natürlich darf auf einer Schallplatte, die sich dem Gruseln verschrieben hat, auch das Spukhaus nicht fehlen. In „The haunted House“ geben sich heulende Gespenster alle Mühe, um Gänsehaut beim Hörer zu erzeugen.

Die jeweilige Beschreibung der Situationen befindet sich auf der Rückseite des Plattencovers, sodass der Hörer stets weiß, um was es dabei geht. Sehr gut ist dabei auch das Stück „The Secret“, in dem bei Jazzklängen sich Leute flüsternd unterhalten und dabei immer wieder spöttisch lachen.

Der Erfolg von „Shock“ führte 1960 zu einer weiteren Produktion mit dem Titel „Panic – The Son of Shock“, doch reicht diese so gut wie gar nicht mehr an die ursprüngliche Schallplatte heran. „Shock“ macht auch heute noch jede Menge Spaß beim Anhören. Am besten man macht dies abends und schaltet dabei das Licht aus.

Anhören kann man die Schallplatte „Shock“ auf YouTube.

Zwischen märchenhaft und kitschig: „Der Wald der verlorenen Schatten“ von Danbi Eo

Danbi Eo ist in Südkorea eine Art Tausendsassa: sie ist als Schauspielerin tätig, schreibt Drehbücher und Theaterstücke, zeichnet Web-Toons und hat 2018 auch noch ihren ersten Roman veröffentlicht. Nun ist ihr Roman „Der Wald der verlorenen Schatten“ (Originaltitel heißt übersetzt „Mondfinsternis“) auch ins Deutsche übertragen worden. So richtig gefallen will einem die Geschichte allerdings nicht.

Das Hauptproblem an Danbi Eos Romandebut ist, dass die Hauptfigur Heoju beinahe den gesamten Roman über unsympathisch wirkt. Zwar kommt Heoju dann doch zur Einsicht, dass ihr Verhalten falsch ist, doch ist da der Roman so gut wie zu ende. Ein zweites Problem ist, dass man sich stellenweise durch die Geschichte quälen muss. Das liegt an der eintönigen Erzählweise der Autorin. Auf diese Art wirken auch Stellen, die spannend sein sollen, eher ermüdend. Das ist eindeutig schade, denn aus dem Einfallsreichtum hätte die Autorin durchaus mehr herausholen können.

So beginnt der Roman recht vielversprechend: Heoju hat ihren Job als Busticketverkäuferin verloren und soeben ein Vorstellungsgespräch vermasselt. Hinzu kommt, dass ihr Freund mit ihr Schluss gemacht hat und sie die Miete nicht mehr zahlen kann. Da erhält sie die SMS eines Dorfvorstehers, der ihr darin mitteilt, dass ihre Großmutter gestorben sei und sie rasch nach Dogi kommen soll, um an der Beerdigung teilzunehmen.

Kaum ist sie dort, erfährt sie sonderbare Geschichten über den Wald, der sich um Dogi herum erstreckt: früher seien dort Menschen spurlos verschwunden. Durch Zufall gerät Heoju selbst in den Wald, woraufhin ihr Schatten verschwindet. Heoju hat nur wenige Tage Zeit, ihren Schatten wiederzufinden, sonst muss sie für immer im Wald leben. Ihr zur Seite steht dabei Muyeong, einer der Waldbewohner.

Die Grundidee ist durchaus nett, auch einzelne Ideen sind recht schön (witzig sind die sich ständig streitenden Geisterflammen), dennoch kommt beim Lesen aus den oben genannten Gründen keine Hochstimmung auf. Bildlich gesprochen, wirkt der Roman wie ein schöner, bunter Luftballon, aus dem die Luft entweicht. Man kann sich nur wiederholen: Danbi Eo hat ihre eigenen Ideen leider nicht genutzt, um damit eine packende oder bewegende Geschichte zu schreiben. Statt bewegend wird es gegen Ende eher kitschig.

Was an dem Buch allerdings wirklich ärgert, hat nichts mit dem Roman an sich zu tun, sondern mit dem schlampigen Lektorat. Fehler über Fehler häufen sich in dem Text (besonders das erste Viertel ist davon betroffen), sodass man zu dem Schluss kommen muss, dass vor dem Druck das Manuskript nicht nochmals durchgegangen wurde. Ein voller Kontrast zum schönen Layout.

Danbi Eo. Der Wald der verlorenen Schatten. Golkonda Verlag 2020, 247 Seiten, 18 Euro

Erschienen: Prähuman Band 23 – Stoppt die Maschine!

Band 23 der beliebten eBook-Serie „Prähuman“ ist erschienen. Dieses Mal erstreckt sich die Handlung von Australien, über England bis in die USA und nach Japan. Kein Wunder, dass der neue Band umfangreicher geworden ist als die vorangegangenen Bände.

Für Band 23 hat sich Carl Denning etwas einfallen lassen, das die Fans der Serie sicherlich überraschen, vielleicht sogar verunsichern wird. Was, das wird hier natürlich nicht verraten. Auf jeden Fall ist die Handlung dieses Mal recht komplex. Was zunächst so scheint, als hätte das eine mit dem anderen nichts zu tun, entwickelt sich zu einer rasanten Achterbahnfahrt aus Spannung, Action und dem typisch schrägen Humor.

Es geht darum, dass in der Großen Sandwüste Australiens und in der Wüste Nevadas gigantische Metallringe entdeckt werden, die für Tod und Zerstörung sorgen. Gleichzeitig kommt es überall auf der Welt zu verheerenden Erdbeben und Vulkanausbrüchen. Während Frederic Tubb, Maki Asakawa und Hans Schmeißer dem Rätsel der Ringe nachgehen, ereignet sich in Cornwall ein weiterer Zischenfall: ein sonderbares muschelförmiges Objekt wird an den Strand gespühlt. Die Geheimorganisation Die Einheit setzt alles daran, das Objekt in ihren Besitz zu bekommen. Welcher Zusammenhang besteht zwischen dem Objekt und den Metallringen? Bei der Suche nach einer Antwort, kommen Tubb und sein Team auf die Spur eines unglaublichen Geheimnisses …

Wie auch alle übrigen Bände, so macht auch „Stoppt die Maschine!“ unglaublichen Spaß. Denning treibt wie immer die Handlung auf furiose Weise voran, und auch bei einem Umfang von ca. 150 Seiten geht ihm kein bisschen die Puste aus. Ein genialer Einfall folgt dem nächsten – und die irrwitzige Grundidee dürfte so ziemlich einzigartig im Fantastik-Genre sein.

Wer daher Action, Humor und Spannung mag, ist auch beim neuesten Streich der Serie „Prähuman“ bestens aufgehoben.

Carl Denning . Prähuman – Band 23: Stoppt die Maschine! ca. 153 Seiten (E-Book)

FuBs Fundgrube: „Der Todesflüsterer“ von Donato Carrisi

Donato Carrisi gehört zu den bekanntesten italienischen Krimiautoren. Zwei seiner Romane („Der Nebelmann“ und „Diener der Dunkelheit“) wurden verfilmt. Sein Debutroman steht jedoch in Spannung und Originalität in Nichts nach.

„Der Todesflüsterer“ erschien in Italien 2009 und ein Jahr später in deutscher Übersetzung. Es geht um eine Reihe unheimlicher Mordfälle, die von einem Täter verübt werden, der keinerlei Spuren hinterlässt. Jedes Mal, wenn die Polizei glaubt, den Mörder endlich gefasst zu haben, muss sie einsehen, dass sie ihm erneut auf den Leim gegangen ist. Das Schlimme dabei ist, dass es sich bei den Opfern um junge Mädchen handelt, die zuvor von ihren Eltern als vermisst gemeldet wurden. Dies ruft die Ermittlerin Mila Vazquez auf den Plan, die eine Expertin für Entführungsfälle ist. Doch auch mit ihren Erfahrungen stößt sie in diesem Fall an ihre Grenzen …

Wieso „Der Todesflüsterer“ nicht mehr neu aufgelegt wurde, ist ein Rätsel. Besonders deswegen, da Carrisi ja spätestens mit „Der Nebelmann“ auch einem breiteren Lesepublikum bekannt wurde. Auf jeden Fall ist er gerade deswegen ein Fall für unsere Fundgrube, in der wir nur antiquarische Bücher vorstellen.

Um es kurz zu machen: „Der Todesflüsterer“ ist einer der besten, spannendsten und gruseligsten Krimis bzw. Thriller, die ich jemals gelesen habe. Carrisi schafft Situationen, die im wahrsten Sinne des Wortes Gänsehaut bereiten. Einfach grandios, wie er das alte, seit Jahren leerstehende Waisenhaus beschreibt. Nicht weniger unheimlich ist der Zwischenfall in einer Villa, in der eines der toten Mädchen gefunden wird.

Don Carrisi weiß, wie man Spannung erzeugt. Hinzu kommt ein grandioser Schreibstil, der einen regelecht gefangen hält. Carrisi besitzt dabei ein großartiges Gespür für das Unheimliche, wobei der Roman Mystery-Thriller und reinen Kriminalroman vermischt. Bei den Figuren schwächelt er zwar ein wenig, besonders Melinas Hang dazu, sich selbst zu ritzen, wirkt wenig plausibel, doch fällt dies gegenüber dem großartig konstruierten Fall eher wenig ins Gewicht.

Was die Euphorie allerdings ein wenig dämpft, ist der letzte Teil des Romans, in dem mit Carrisi ein wenig die Pferde durchgehen. „Der Todesflüsterer“ lebt u. a. von den verblüffenden Wendungen, gegen Ende aber werden es eindeutig zu viele davon, sodass damit auch der Gruselfaktor etwas nachlässt. Insgesamt aber ist der Roman ein echter Knaller und taugt dazu, auch mehrmals gelesen zu werden – was bei Krimis doch eher selten vorkommt.

Don Carrisi. Der Todesflüsterer. Piper Verlag 2010, 493 Seiten.

FuBs Fundgrube: „Der Mahlstrom“ von Frode Granhus

Frode Granhus‘ Debut „Der Mahlstrom“ zeigt, wie man es eher nicht machen sollte. Granhus bedient sich verschiedener Ideen, die bereits auf ähnliche Weise in zwei anderen Romanen bekannter Krimiautoren („Todeshauch“ und „Erlöse mich“) vorkamen, vermischt sie mit ein bisschen Konfusion und schon war er damit fertig.

Die Grundidee ist dabei eigentlich gar nicht schlecht. Immer wieder werden alte Porzellanpuppen an den Strand gespült. Was zunächst recht kurios erscheint, nimmt auf einmal schreckliche Züge an, als eine Frau, die wie eine Puppe gekleidet ist, tot am Strand gefunden wird.

Der Roman spielt an zwei verschiedenen Orten. An dem einen geht es um die Porzellanpuppen, an dem anderen um eine bizarre Mordserie. An dem einen Ort geht der Polizist Niklas Hultin dem Fall nach, an dem anderen der Ermittler Rino Carlsen. Frode Granhus führt beide Ermittler mit dem Schmiedehammer zusammen, was allerdings nicht wirklich die beiden Fälle auf einen Nenner bringt und eigentlich auch zu sonst nichts führt.

Bevor ich hier weiter herummeckere, sei gesagt, dass Frode Granhus sehr flüssig und unterhaltsam schreibt, sodass man den Roman trotz seiner eindeutigen und vielen Schwächen bis zum Schluss liest. Das Problem bei „Der Mahlstrom“ ist im Grunde, dass Granhus einfach mal drauf los schreibt und sich erst im Nachhinein Gedanken macht, wie er alles irgendwie zusammenbringen kann.

Das Ergebnis ist ein konfuses Hin und Her, wobei die einzelnen Motive nicht wirklich überzeugen. Zwar gelingen dem Autor gegen Ende durchaus überraschende Wendungen, doch zu viele Aspekte des Romans laufen einfach ins Leere und sind nicht wirklich nachvollziehbar, sodass der Roman insgesamt wie ein krampfhaft zusammengeschustertes Set unterschiedlicher Ideen wirkt.

Schade ist auch, dass Frode Granhus so gut wie gar nicht auf das Leben der Bewohner dieser abgelegenen Gegend in Norwegen, den Lofoten, eingeht. Dies hätte dem Roman gut getan und ihn auf eine feste Grundlage gestellt.

Ich habe den Roman antiquarisch erstanden, daher wurde er zum Fall für unsere Fundgrube. Damals habe ich auch Frode Granhus‘ zweiten Roman „Tödliche Brandung“ mit auf den Bücherstapel gelegt. Mal schauen, ob dieser genauso konfus ist wie sein Debut.

Frode Granhus. Der Mahlstrom. BTB Verlag 2012, 383 Seiten