Genres. Dieser Begriff scheint nichts Diffuses an sich zu haben. Immherin dient er dazu, Kategorien zu bilden. Die Literatur kennt Genres schon seit langem. In die Filmwissenschaft rückte der Begriff und die damit einhergehende Theorie zu Beginn der 1970er Jahre. Dies in einer Zeit, in welcher die französischen Postmodernisten alles hochleben ließen, was sich als Auteur in den Kinos präsentierte und alles verteufelte, was reines Genrekino war. All dies, ohne dafür eine Begründung zu finden. Aber das brauchte es auch nicht. Die Hauptsache war, dass man etwas hatte, um sich darüber aufzuregen.
Wie dem auch sei, der Begriff Genre diente im Grunde genommen dazu, bestimmte Merkmale von Filmen herauszuarbeiten. Das wiederum diente dazu, ein Kategoriensystem zu entwerfen, in welchem Filme mit gleichen oder ähnlichen Merkmalen unter jeweils denselben Gliederungspunkt gestellt wurden. Und dies diente sowohl den Produzenten als auch den Zuschauern zur Orientierung. Dreht man z.B. einen Western, so kann man anhand vorangegangener Western die Kosten besser kalkulieren. Man weiß, welche Kulissen, welche Kostüme usw. notwendig sind. Man weiß auch, welche Aspekte eine Handlung beinhalten muss, um die Story interessant zu machen. Das Risiko läßt sich dabei weniger kalkulieren. Es gab immer wieder Filme, auf welche die Produzenten ihre Hoffnungen setzten und die dennoch floppten („Münchausen“, „Die Piratenbraut“ usw.). Auch läßt sich mithilfe der Genreeinteilung das Marketing gezielter umsetzen, in dem man dieses auf ein bestimmtes Publikum gezielt ausrichtet.
Wobei wir beim Zuschauer wären. Dieser orientiert sich ebenfalls anhand der vorgegebenen Kategorien und hat es somit leichter, gemäß seines Geschmacks eine Auswahl zu treffen, sei es im Kino oder in der Videothek.
So einfach ist das. Oder besser gesagt, wäre es. Denn die Frage ist, ob es ein konkretes Genre überhaupt gibt. Sind Genres wirklich getrennt von einander? Die Antwort lautet nein. Von Anfang an gibt es Genreüberschneidungen. Es gibt also nicht den reinen Musicalfilm. Dieser ist zugleich Liebesfilm oder auch Drama. Ein Thriller beinhaltet stets Elemente des Krimis und des Horrorfilms. Umgekehrt beinhaltet auch ein Horrorfilm stets Elemente des Thrillers und des Krimis, gelegentlich auch des Liebesfilms und des Dramas. So ist z.B. „Die Weisheit der Krokodile“ eine Überschneidung aus Liebesfilm, Drama, Krimi, Horror und Thriller. Man könnte auch die seit den 90er Jahren existierende Kategorie Mystery ebenfalls hinzunehmen. „West Side Story“ wiederum ist eine Mischung aus Musical, Drama und Liebesfilm. „Gladiator“ eine Mischung aus Historienfilm, Action, Abenteuer, Drama.
Wobei wir bei einem weiteren Problem wären. Genres kommen und gehen. Natürlich gibt es die Grundkategorien wie Drama, Liebesfilm, Western usw. Doch kommen gelegentlich neue hinzu, wie eben das bereits genannte Mystery-Genre. Zugleich unterteilen sich Genres immer mehr in Subgenres, was sich vor allem im Horror- und Fantasygenre bemerkbar macht. Dort sind es im Grunde genommen Modeerscheinungen oder Trends, welche durch einen neu erfundenen Genrebegriff legitimiert werden – wie etwa Dark Fantasy, Fantasy Romance usw. Ein erfolgreicher Roman oder Film gibt ein Thema vor, welches dann Nachfolgeprodukte übernehmen. Die Verlage oder Produktionsgesellschaften fertigen schnell einen neuen Genrebegriff, der den Nachfolgern als Marke dient. D.h. nichts anderes als, dass in der Werbung dann ungefähr steht: „Ein Roman im Stil von…“ oder „Ein Film im Stil von…“.
All das macht eine genaue Genreeinteilung schwierig. Da diese durch Marketingstrategien nach Belieben verändert wird, stellt sich auch die Frage, inwieweit man überhaupt noch von einem echten Genre sprechen kann. Dies wiederum stellt die Diskussion über Genres in Frage, da eine Defintion, welche die oben genannten Aspekte mit einschließt, fehlt.